Die Abschreibungsdauer für Computerhardware, Peripheriegeräte sowie Betriebs- und Anwendersoftware kann ab 2021 auf ein Jahr reduziert werden.
„Den Kernbereich der Digitalisierung bilden die Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) sowie die für die Dateneingabe und -verarbeitung erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware. Diese Wirtschaftsgüter unterliegen aufgrund des raschen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (…) wurde für diese Wirtschaftsgüter allerdings seit rund 20 Jahren nicht mehr geprüft und bedarf deshalb einer Anpassung an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse.“
So leitet das Bundesministerium das ursprüngliche Schreiben vom 26.02.2021 ein: Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung vom 26.01.2021
Des weiteren heißt es: „Für die folgenden aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter „Computerhardware“ und die immateriellen Wirtschaftsgüter „Betriebs- und Anwendersoftware“ kann die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer auf ein Jahr reduziert werden.“
Stolperstein „Kann“
Das Wort Kann deutet auf ein Wahlrecht hin. Entsprechend wurde das Wort seit Januar 2021 unterschiedlich interpretiert.
Daher hat das Bundesministerium der Finanzen am 22.02.2022 das folgende überarbeitete Schreiben veröffentlicht, um Klarheit zu schaffen: Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und verarbeitung vom 22.02.2022
Das Kleingedruckte
Im Schreiben vom Februar 2022 steht unter anderem:
- die betroffenen Wirtschaftsgüter unterliegen auch weiterhin § 7 Absatz 1 EStG
- das heißt, sie müssen wie andere Gegenstände des Anlagevermögens abgeschrieben werden
- Die Möglichkeit, eine kürzere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen, stellt
- keine besondere Form der Abschreibung,
- keine neue Abschreibungsmethode und
- keine Sofortabschreibung dar.
- Es wird nicht beanstandet, wenn abweichend zu § 7 Absatz 1 Satz 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird.
Deine 3 Optionen
Daraus leiten sich 3 Möglichkeiten für Dich ab, die ich an folgendem Beispiel erklären möchte.
Beispiel: Anschaffung Laptop für 1.800 € netto am 01.10.2022
- Du kannst den Gegenstand wie bisher über 3 Jahre abschreiben. Bis 2020 war nur dies möglich.
- Abschreibung für Okt. – Dez. 2022 = 150 €
- Abschreibung für 2023 = 600 €
- Abschreibung für 2024= 600 €
- Abschreibung für Jan. – Sep. 2025 = 450 €
- Du kannst den Gegenstand über 1 Jahr (12 Monate) abschreiben.
- Abschreibung für Okt. – Dez. 2022 = 450 €
- Abschreibung für Jan. – Sep. 2023 = 1.350 €
- Du kannst den Gegenstand im Jahr der Anschaffung komplett abschreiben.
- Abschreibung für Okt. 2022 = 1.800 €
Wahlrecht = Gestaltungs-Spielraum
Durch dieses Wahlrecht erhältst Du einen gewissen steuerlichen Gestaltungs-Spielraum. Hast Du ein gutes Jahr mit viel Gewinn, bietet sich die kürzere Abschreibungsdauer an. Hast Du ein eher schlechtes Jahr gehabt, lohnt sich vielleicht die Verteilung der Abschreibung auf drei Jahre.
Wenn Du tiefer in das Thema einsteigen willst, lese mein eBook Steueroptimierung durch Gewinnverschiebung.
Gilt ab 2021
Die geänderte Abschreibungsdauer findet erstmals Anwendung in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2020 enden. Also ab 2021.
Computerhardware
Der Begriff „Computerhardware“ umfasst Computer, Desktop-Computer, Notebook-Computer, Desktop-Thin-Clients, Workstations, Dockingstations, externe Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte (Small-Scale-Server), externe Netzteile sowie Peripheriegeräte. Was unter den Begriffen genau zu verstehen ist, kann in dem Schreiben des Bundesministerium für Finanzen nachgelesen werden.
Software
Der Begriff „Software“ im Sinne dieses Schreibens erfasst die Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung. Dazu gehören auch die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, sowie neben Standardanwendungen auch auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung.
Anwendung in der Excel-Vorlage-EÜR
Die 3 eben erwähnten Optionen kannst Du alle in der Excel-Vorlage-EÜR erfassen.
Wie Du vorgehen musst, erkläre ich am eben erwähnten Beispiel: Anschaffung Laptop für 1.800 € netto am 01.10.2022.
3 Jahre Abschreibung
Wenn Du den Laptop wie bisher über 3 Jahre abschreiben möchtest, trägst Du ihn in der Vorlage für 2022 in der Tabelle „Anlageverm“ ein. Bei „Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle“ trägst Du eine 3 ein.
In 2023 bis 2025 erfasst Du den Gegenstand ebenfalls in der Tabelle Anlageverm. Genau so, wie in der Bedienungsanleitung beschrieben.
Im September 2025 ist der Gegenstand dann komplett abgeschrieben.
12 Monate Abschreibung
Wenn Du den Laptop über 1 Jahr (12 Monate) abschreiben möchtest, trägst Du ihn in der Vorlage für 2022 in der Tabelle „Anlageverm“ ein. Bei „Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle“ trägst Du eine 1 ein.
In 2023 erfasst Du den Gegenstand ebenfalls in der Tabelle Anlageverm. Genau so, wie in der Bedienungsanleitung beschrieben.
Im September 2023 ist der Gegenstand dann komplett abgeschrieben.
100% Abschreibung im Jahr der Anschaffung
Wenn Du den Laptop im Jahr der Anschaffung zu 100% abschreiben möchtest, trägst Du ihn in der Vorlage für 2022 in der Tabelle „Anlageverm“ ein.
Pflege wie gewohnt die Felder „Inventar – Bezeichnung“ und „Zahl.Datum“.
Bei „Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle“ trägst Du 1/12 ein.
Dies ist notwendig, da wir den Gegenstand nur in einem vom 12 Monaten abschreiben wollen. Und nicht wie gewohnt auf mehrere Monate verteilen wollen.
Da 1/12 = 0,083333 ist, wird Excel abhängig von Deiner Formatierung nur eine 0 anzeigen.
Der Wert „Abschr. Anfang“ wird automatisch ermittelt.
In unserem konkreten Beispiel erscheint der Wert: 202210
Da im Feld „Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle“ nun 1/12 steht, wird bei „Abschr.Ende“ unter Umständen kein vernünftiger Wert ermittelt.
In unserem konkreten Beispiel erscheint 202217. Da es aber keine 17 Monate in 2022 gibt, es dies nicht hilfreich.
Um dies zu ändern, trage in das Feld „Abschr.Ende“ den gleichen Wert ein wie bei „Abschr.Anfang“. Dadurch überschreibst Du die Formel.
In unserem konkreten Beispiel also den Wert: 202210
Nun ist Abschr.Anfang und Abschr.Ende der selbe Monat. Dies ist der Monat, in dem Du den Gegenstand zu 100% abschreibst.
Pflege nun noch wie gewohnt die Felder „Netto“, „Brutto“ und „Buchwert …“.
Die Eintragungen führend dazu, dass in der Spalte 202210 die 1.800 € als Abschreibung auftauchen. Die anderen Monate bleiben leer.
Beispiel-Bilder
Die Eintrag des Beispiels und die Ergebnisse kannst Du den folgenden Grafiken entnehmen:
Bisherige Option: Tabelle Ausgaben
Die andere Möglichkeit wäre, die Computerhardware nicht in der Tabelle Anlageverm zu erfassen, sondern direkt in der Tabelle Ausg zu verbuchen. Nach der Überarbeitung des Schreibens des Bundesministeriums ist diese Variante jedoch hinfällig.
Beachte: Geringwertige Wirtschaftsgüter
GWG im Wert von 250 bis 800 € kannst Du natürlich auch nach wie vor im Jahr der Anschaffung zu 100% als Betriebsausgabe geltend machen. Mehr dazu im Beitrag zu den Abschreibungen im EÜR 1*1.
Weblinks
Ein weiterer guter Artikel zum Thema ist zu finden bei Haufe
Im deinem Artikel steht diese Art von Sofortabschreibung ist ab dem WJ 2021 möglich. D.h. für das Jahr 2022 gilt diese Sofortabschreibung weiterhin?
Verstehe ich das richtig?
Korrekt Aldin. Es gilt auch für 2022.
VG Pierre
Hallo Pierre, vielen Dank erstmal für die aufschlussreichen Informationen diesbezüglich und auch allgemein in deinem Blog, hat mir schon öfters weitergeholfen.
Folgenden Artikel würde ich noch dazu anmerken (zum Verbuchen als Aufwand im Jahr der Anschaffung): https://www.steuerrat24.de/steuerrat-aktuell/steuer-herold/2825-sofortabschreibung-fuer-computer-kommt-sie-oder-kommt-sie-nicht.html
Bei Peripheriegeräten würde ich allerdings auch noch VR-Brillen, VR-Kits oder ähnliche VR Peripherie mit einbeziehen da diese letztendlich eine Kombination aus den bereits genannten darstellt (Bildschirm, Headset und Eingabegerät mehr oder weniger vereint).
Bezüglich des Kontos „laufende EDV-Kosten“ würde ich eher widersprechen, es sind ja keine laufende sondern einmalige direkt abziehbare Kosten, also dann doch eher „übrige, unbeschränkt abziehbare Betriebsausgaben“.
Oder gibt es noch ein anderes, passenderes, Konto?
Hllo Lorenz,
Danke für den Link.
Die VR-Geräte sind in dem Schreiben nicht explizit mit aufgeführt. Aber sie sind durchaus eine Kombination, stimmt.
Laufende EDV-Kosten enthalten in Klammern auf der ofiziellen EÜR den Hinweis: z.B. Beratung, Wartung, Reparatur. Anschaffungen sind nicht mit aufgeführt. Die Aufzählung ist aber auch nur beispielhaft. Alternativ kannst Du das Konto „Übrige unbeschränkt abziehbare Betriebsausgaben“ nutzen. Oder vielleicht auch Arbeitsmittel.
Wenn Du auf Nummer Sicher gehen willst, kannst Du bei Deinem zuständigen Finanzamt anrufen und die zwei Punkte nachfragen. Es würde mich auch interessieren, was sie sagen.
VG Pierre
Hallo Pierre, die bisherige Hardware muss weiter nach dem altem AFA System abgeschrieben werden?
gruss A.May
Hallo Annette,
ich deute das BMF-Schreiben so, dass evtl. Restbuchwerte komplett abgeschrieben werden können. In dem BMF-Schreiben steht unter Randziffer 6 folgendes:
„Dieses Schreiben findet erstmals Anwendung in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2020 enden. In Gewinnermittlungen nach dem 31. Dezember 2020 können die Grundsätze dieses Schreibens auch auf entsprechende Wirtschaftsgüter angewandt werden, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde.“
VG Pierre
Ich habe bei youtube geschaut und zur Umsetzung bisher NUR den SOFORTABZUG gefunden, also keine Abschreibung, sondern direkt als Aufwand buchen (vermute ich), z.B. hier wirds mit Gesetzes-Quelle (§ 7 Abs. 1 EStG) erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=PF2DtyLU_pQ&t=319s
– https://youtu.be/RSyURX-1Y_M?t=39 (auch mit Quelle EStG)
– https://youtu.be/LoXXqdPnWqI?t=86
– https://www.youtube.com/watch?v=zLF1yteFXRc
Wie gesagt, ich vermute direkt als Aufwand buchen, also als Ausgabe in der Tabelle, oder? Und in welchen Bereich, GWG bei unter 800 € oder „übrige, unbeschränkt abziehbare Betriebsausgaben“ oder „laufende EDV-Kosten“?
Viele Grüße, Mirko
Hallo Mirko,
Danke für die Recherche. Erneut tolles Arbeiten mit Dir.
Ich habe den Beitag angepasst und tendiere auch zum Verbuchen als Aufwand im Jahr der Anschaffung.
Als Konto würde ich „laufende EDV-Kosten“ nehmen. GWG ist eher nicht passend.
VG Pierre