In der EÜR-Einleitung lernst Du, was die Einnahmenüberschussrechnung ist, wie sie aufgebaut ist, wozu sie notwendig ist, welcher Zusammenhang zur Einkommensteuer besteht, wie Du sie einreichst und ob Du sie überhaupt machen darfst.
Was ist eine Einnahmenüberschussrechnung
Die Einnahmenüberschussrechnung ist eine einfache Methode, den Gewinn eines Geschäftsjahres zu ermitteln. Die zweite Gewinnermittlungsmethode in Deutschland ist die komplexere doppelte Buchführung (auch Bilanzieren genannt).
Wie sieht eine Einnahmenüberschussrechnung aus
Folgend siehst Du den Aufbau einer EÜR:
Wofür ist eine Gewinnermittlung notwendig – Exkurs in die Einkommensteuer
Einkommensteuerpflicht und Einkunftsarten
Grundsätzlich hat jeder, der in der Bundesrepublik Deutschland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, Einkommensteuer auf sein Einkommen zu zahlen. Dieses Einkommen setzt sich zusammen aus den Einkünften und Gewinnen der 7 Einkunftsarten.
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
- Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb (Bsp.: Einzelhandel)
- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (auch Freiberufler genannt – Bsp.: Arzt)
- Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Lohn, Gehalt)
- Einkünfte aus Kapitalvermögen (Zinsen, Rendite)
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
- sonstige Einkünfte
Bei den ersten 3 Einkunftsarten kann eine Einnahmenüberschussrechnung zur Ermittlung des Gewinns zum Einsatz kommen.
Die nachfolgende Grafik veranschaulicht die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens.
Quelle: BMF Broschüre – Einkommen- und Lohnsteuer
Wie wird die Einkommensteuer erhoben?
Die Einkommensteuer wird entweder vorab durch Steuerabzug (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) erhoben oder durch eine Veranlagung festgesetzt. Die Veranlagung ist insbesondere die Abgabe einer Einkommensteuererklärung.
Einkommensteuererklärung
Die Einkommensteuererklärung ist die schriftliche Erklärung eines Steuerpflichtigen über seine Einkommensverhältnisse für ein bestimmtes Kalenderjahr. Sie dient als Grundlage für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer. Sie wird von dem Steuerpflichtigen oder seinem Bevollmächtigten (meist ein Steuerberater) gegenüber dem Finanzamt abgegeben. Dort wird sie geprüft und die zu entrichtende Einkommensteuer und der Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls die Kirchensteuer mittels Steuerbescheid festgesetzt.
Die Einkommensteuererklärung muss auf den amtlichen Vordrucken abgegeben werden. Die Formulare hierfür können beim Finanzamt oder online bezogen werden. Die Steuererklärung kann auch online mittels ELSTER oder anderer Software an das Finanzamt übertragen werden.
Höhe der Einkommensteuer
Die Einkommensteuer wird anhand des zu versteuernden Einkommens ermittelt und wird erst ab einem bestimmten Freibetrag ermittelt. Dieser liegt 2024 bei 11.604 EUR bei Einzelveranlagung (23.208 EUR bei Zusammenveranlagung von Ehepartnern). Erst wenn dieser Grundfreibetrag überschritten wird, muss Einkommensteuer gezahlt werden. Die Einkommensteuer beginnt moderat und steigt auf bis zu 45% des zu versteuernden Einkommens.
Je höher das zu versteuernde Einkommen (zvE) ist, umso höher ist die Einkommensteuer. Absolut in Euro, aber auch relativ in Prozent; wie die folgenden Beispiele zeigen.
Bei 20 TEUR zvE sind 1.795 EUR Einkommensteuer fällig (9%).
Bei 40 TEUR zvE sind 7,8 TEUR Einkommensteuer fällig (19%).
Bei 60 TEUR zvE sind 15,2 TEUR Einkommensteuer fällig (25%).
Eine Excel-Vorlage zur Berechnung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags kannst Du hier herunterladen.
Die folgende Grafik zeigt die fällige Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag für 2024.
Beachte, wie der Prozentwert steigt.
Bescheid, Nach- und Vorauszahlung
Bescheid
Nach Einreichung der Einkommensteuererklärung wird diese geprüft und vom Finanzamt der Einkommensteuerbescheid erlassen. Dieser geht Dir per Post zu. Du kannst ihn Dir zusätzlich auch digital zusenden lassen, wenn Du Deine Erklärung via Elster abgibst. Aus dem Bescheid geht hervor, wie hoch Dein zu versteuerndes Einkommen und wie hoch die fällige Einkommensteuer ist.
Nachzahlung
Der zu bezahlende Betrag (bzw. die Erstattung) ergibt sich aus der fälligen Einkommensteuer abzüglich der Einkommensteuer-Vorauszahlung.
Vorauszahlung
Um einen regelmäßigen Geldfluss in den Staatshaushalt sicherzustellen und dem Steuerpflichtigen eine hohe Nachzahlung zu ersparen, werden bereits im laufenden Jahr Einkommensteuer-Vorauszahlungen erhoben. Dies sind Abschlagszahlungen auf die voraussichtliche Jahressteuerschuld. Die Höhe der Vorauszahlungen orientiert sich an der Höhe der Einkommensteuer aus dem Vorjahr. Ähnlich einer Nebenkosten-Vorauszahlung bei einer Mietswohnung.
Die Vorauszahlung ist in der Mitte des Quartals fällig und beträgt ein Viertel der Vorjahres-Steuerschuld. Die Höhe der Vorauszahlung geht Dir mit dem Steuerbescheid zu und wird mit jedem Steuerbescheid angepasst, wobei der Bescheid stets unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht und daher jederzeit abänderbar ist.
Tipp: Wenn Du Deine Einkommensteuer fürs zurückliegende Jahr ermittelst, kannst Du daraus sofort Deine voraussichtlichen Zahlungen für dieses Jahr ableiten und in Deine Liquiditätsplanung eintragen.
Tipp: Wenn Dein Geschäft schlecht läuft und Du wahrscheinlich zu viel Einkommensteuer vorauszahlst, kannst Du beim Finanzamt eine Reduzierung der Vorauszahlungen beantragen. Dafür genügt in der Regel ein kurzes Anschreiben.
Sonderfall Gründer
Im Jahr der Gründung gibt es noch kein Vorjahr, an dem sich das Finanzamt orientieren kann. Daher sendet Dir das Finanzamt nach Gründung den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ zu, in welchem Deine erwarteten Einnahmen, Ausgaben und Gewinne abgefragt werden. Anhand dieser Daten kann das Finanzamt einen Bescheid erlassen und Vorauszahlungen festlegen.
Optimistische Betrachtung
Gehst Du zu optimistisch an die Sache heran und deklarierst hohe Gewinne, kann es sein, dass Du zeitnah hohe Vorauszahlungen leisten musst. Diese Gelder kannst Du in der Gründungsphase vielleicht an anderer Stelle besser gebrauchen. Allerdings musst Du dann keine hohen Nachzahlungen leisten.
Pessimistische Betrachtung
Gehst Du zu pessimistisch an die Sache heran und deklarierst niedrige Gewinne, wirst Du niedrige oder keine Vorauszahlungen leisten müssen. Somit kannst Du mit dem Geld arbeiten. Allerdings solltest Du stets im Hinterkopf haben, dass das Geld auf Deinem Konto nicht zu 100% Dir gehört, da Du es noch versteuern musst.
Tipp: Eröffne neben Deinem Girokonto ein zweites Konto (bspw. Tagesgeld-Konto), wo Du die voraussichtlich zu zahlende Einkommensteuer ansparst.
Stolperfalle zweites (drittes) Jahr
Das Nicht-Ansparen von Einkommensteuer hat schon manche Gründer im zweiten Jahr der Selbständigkeit das Genick gebrochen, wie das folgende Beispiel zeigen soll.
Gründer X macht sich 2020 selbständig und leistet keine Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 2020. 2021 gibt er seine Einkommensteuer-Erklärung für 2020 ab. Er erhält im dritten Quartal 2021 seinen Einkommensteuer-Bescheid für 2020. Er hat in 2020 ein Einkommen von 30 TEUR erwirtschaftet und zahlt darauf 5,4 TEUR ESt. Anhand des Bescheids werden die Vorauszahlungen für 2021 ermittelt. Er muss pro Quartal eine Vorauszahlung von 1,35 TEUR leisten. Da er sich bereits im dritten Quartal 2021 befindet, muss er für 2021 eine Vorauszahlung in Höhe von 4,05 TEUR leisten. Zusammen mit der Nachzahlung für 2020 sind dies in Summe 9,45 TEUR. Wenn Gründer X sich nicht auf diese Forderung vorbereitet hat, kann diese Forderung seine Zahlungsfähigkeit massiv beeinflussen.
Wenn Gründer X seine Steuererklärung erst im ersten Quartal 2022 abgibt, befindet er sich bereits im dritten Jahr und die Forderung ist entsprechend höher.
Aufbau der Einkommensteuererklärung
Die Einkommensteuer-Erklärung setzt sich aus verschiedenen Anlagen zusammen und orientiert sich an Deinen persönlichen Verhältnissen.
Folgende Teile können Bestandteil der ESt.-Erklärung sein:
- Mantelbogen mit allgemeinen Angaben zur Person, einer Aufstellung der Sonderausgaben sowie der außergewöhnlichen Belastungen
- Anlagen für verschiedene Einkunftsarten und Anträge
- Anlage G (Einkünfte aus Gewerbebetrieb)
- Anlage S (Einkünfte aus selbständiger Arbeit)
- Anlage V (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung)
- …
- Anlage K (Kind)
- Anlage Vorsorgeaufwand
- Spezielle formlose Aufstellungen, Anlagen, Nebenrechnungen
- Belege (bspw. Spendenquittungen)
Abhängig davon, welche Einkünfte erzielt wurden, müssen die zugehörigen Anlagen ausgefüllt werden. Werden beispielsweise Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, so muss die Anlage G ausgefüllt werden. In dieser Anlage G muss der Gewinn aus Gewerbebetrieb eingetragen werden, den Du mittels der EÜR ermittelt hast.
Wer muss eine Einkommensteuererklärung abgeben und welche Fristen gelten?
Jeder, der Einkünfte erzielt, muss eine Einkommensteuererklärung abgeben. Früher war dies bis zum 31. Juli des nachfolgenden Jahres. Seit Corona haben sich die Fristen mehrmals zu Deinen Gunsten geändert. Für das Steuerjahr 2023 muss die Steuererklärung bis zum 31.08.2024 abgegeben werden. Wenn Du einen Steuerberater mit der Abgabe beauftragst, verlängert sich die Frist bis zum 31.05.2025. Eine Fristverlängerung für die Abgabe der Einkommensteuererklärung kannst Du ebenfalls beim Finanzamt beantragen, wenn Du verhindert bist.
Exkurs Einkommensteuer: Ende.
Wie muss die Einnahmenüberschussrechnung eingereicht werden
Der anhand der Einnahmenüberschussrechnung ermittelte Gewinn wird in der Einkommensteuererklärung in der passenden Anlage (bspw. Anlage G bei Einkünften aus Gewerbebetrieb) eingetragen. In dieser Anlage erscheint also nur eine Zahl.
Du musst jedoch die Berechnung des Gewinns darlegen; also aufzeigen, wie Du auf diese Zahl gekommen bist.
Dafür musst Du die Anlage Einnahmenüberschussrechnung verwenden und einreichen.
Belege, Verträge, Rechnungen und andere Geschäftsunterlagen brauchst Du nicht mit einreichen. Diese würde sich das Finanzamt im Falle einer Betriebsprüfung genau anschauen.
Beachte: Bis 2016 konnten Unternehmer mit Brutto-Betriebseinnahmen unter 17.500 Euro pro Jahr der Steuererklärung eine formlose Gewinnermittlung beifügen. Dies ist jedoch mit der Anlage EÜR 2017 nicht mehr gestattet.
Wer darf den Gewinn anhand der EÜR ermitteln
Eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung darf von Steuerpflichtigen erstellt werden, um folgende Einkünfte zu ermitteln:
- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (Freiberufler)
- Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, wenn
- der Jahresumsatz maximal 800.000 Euro beträgt
- und der Jahresgewinn maximal 80.000 Euro beträgt
- ist ein Schwellenwert überschritten, muss zwingend eine Bilanz erstellt werden (doppelte Buchführung). Das Finanzamt muss Dir allerdings mitteilen, dass Du infolge des Überschreitens einer der beiden Grenzen buchführungspflichtig bist. Die steuerliche Buchführungspflicht beginnt dann in dem Jahr, das auf diese Mitteilung des Finanzamts folgt.
- und Du nicht nach anderen Gesetzen, als nach den Steuergesetzen verpflichtet bist, Bücher zu führen (beispielsweise wegen der Eintragung in das Handelsregister).
Wenn Du Deinen Gewinn nicht anhand der EÜR ermitteln darfst, musst Du bilanzieren.
Was der Unterschied zwischen Freiberufler und Gewerbe ist und welche Folgen dies hat, lernst Du in dem Beitrag Freiberufler und Gewerbe.
Rechtsgrundlage der EÜR
Rechtsgrundlage für die Gewinnermittlung mittels Einnahmenüberschussrechnung ist in Deutschland § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes.
Zufluss-Abfluss-Prinzip
Die Einnahmenüberschussrechnung basiert auf dem Zufluss-Abfluss-Prinzip, welches ich in dem Beitrag Zufluss-Abfluss-Prinzip in der EÜR ausführlich erkläre.
Anlage EÜR
Die Anlage EÜR ist der amtliche Vordruck, anhand dessen Du Deine Gewinnermittlung durchführst.
Wie sie aufgebaut ist und wie Du mit ihr arbeitest, lernst Du in dem Beitrag Anlage EÜR.
Alle Anlagen EÜR inkl. Anleitung ab 2010 kannst Dir hier herunterladen.
Keine Steuerberatung
Dieser Beitrag stellt lediglich meine Sicht der Dinge und keine Steuerberatung dar. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Die Verwendung der Informationen erfolgt auf Deine eigene Gefahr. Bitte kontaktiere bei Unklarheiten das Finanzamt oder einen Steuerberater. Bitte berücksichtigte auch, dass sich im Steuerrecht durch Gesetzgebung und Rechtssprechung regelmäßig etwas ändert.